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6. Juni 2023
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faktengeprüft
peer-reviewte Veröffentlichung
Korrekturlesen
by Corinna Dahm-Brey, Carl von Ossietzky-Universität Oldenburg
Die Ausbreitungswege von Plastikmüll in der südlichen Nordsee hat ein interdisziplinäres Forschungsteam unter der Leitung der Universität Oldenburg untersucht. Ein wesentlicher Bestandteil des Projekts „Makroplastik“ war die Beteiligung der Bürger. Über eine spezielle Website konnten die Freiwilligen über den Fund von Holzplatten berichten, die das Team im offenen Meer und entlang der Küste freigelassen hatte.
Zwei zentrale Erkenntnisse sind, dass es in der Nordsee und im Skagerrak keine Gebiete gibt, in denen sich Plastikmüll dauerhaft ansammelt und ein großer Teil der Partikel schnell an Land gespült wird.
Woher kommen große Plastikartikel wie Einkaufstüten und Einwegflaschen, die in der Deutschen Bucht landen, und wie gelangen sie dorthin? Mit dieser zentralen Frage befasste sich ein multidisziplinäres Team der Universität Oldenburg. Im Forschungsprojekt „Makroplastik in der südlichen Nordsee – Quellen, Senken und Vermeidungsstrategien“ führte das Team eine umfassende Studie durch, um das Problem besser zu verstehen und Strategien für den Umgang damit zu prüfen.
Die Forscher setzten auch auf die Beteiligung der Bürger vor Ort, um die Verbreitungswege der Plastikabfälle zu verfolgen. Eine Übersicht der Ergebnisse wurde jetzt in der Fachzeitschrift Frontiers in Marine Science veröffentlicht. Zwei zentrale Erkenntnisse sind, dass es in der Nordsee und im Skagerrak keine Gebiete gibt, in denen sich Plastikmüll dauerhaft ansammelt und ein großer Teil der Partikel schnell an Land gespült wird.
Das Team, bestehend aus 15 Wissenschaftlern aus den Bereichen Meereswissenschaften, Geographie und Umweltplanung, startete das Projekt im Jahr 2016. In einem interdisziplinären Ansatz untersuchten die Forscher, wie sich Kunststoffteile mit einem Durchmesser von mehr als fünf Millimetern im Wasser verteilen Nordsee.
Sie führten Feldexperimente durch und berechneten mithilfe numerischer Modelle die Wege virtueller Müllpartikel. Das Team erfasste auch den an Küsten, Flussmündungen und auf dem Meeresboden abgelagerten Plastikmüll und setzte satellitengestützte Oberflächendrifter ein, die auf der Meeresoberfläche schwammen und Plastikmüll nachahmten. Darüber hinaus wurden etwa 63.000 biologisch abbaubare Holzplatten mit einer Größe von etwa 8 mal 10 Zentimetern von Offshore-Standorten und landgestützten Standorten entlang der Küste freigesetzt.
Anwohner, die auf gestrandete Drifter stießen, wurden aufgefordert, ihren Fund auf einer speziellen Website zu melden. Im Rahmen der Studie wurde auch eine Analyse der verschiedenen Interessengruppen einschließlich Tourismussektor, Fischerei, Industrie und Häfen durchgeführt.
Durch die Kombination ihrer Beobachtungen und Modellrechnungen erhielt das Team einen Überblick sowohl über die räumliche Verteilung der Müllquellen als auch über die Rolle verschiedener Sektoren wie Tourismus und Industrie. Die Ergebnisse bestätigen, dass die Fischerei und feste Siedlungsabfälle die Hauptquellen des Mülls sind, wie bereits frühere Studien gezeigt hatten.
Ein erheblicher Teil des Schutts stammt aus den größeren Gemeinden entlang der Nordseeküste sowie an den Mündungen von Elbe, Weser und Ems. Der Großteil der in Flüssen freigesetzten Holzplatten wurde noch im Gewässer angeschwemmt – knapp die Hälfte in der Elbe und fast 90 Prozent in der Ems. Darüber hinaus stammt der Müll, der an die Küste gespült wird, hauptsächlich aus nahegelegenen Quellen.
In den Küstengebieten der Nordsee waren die Hauptmüllquellen Deutschland und die Niederlande, während im offenen Meer die meisten Plastikpartikel aus Großbritannien, Frankreich und den Niederlanden stammten.
Die Analysen der Ausbreitungswege ergaben, dass zwei Drittel der aus Küsten- und Flussgebieten freigesetzten Holzplatten im Umkreis von 25 Kilometern um den Freisetzungsort wieder an Land gespült wurden. Die vor der Küste freigelassenen Drifter legten jedoch längere Strecken zurück, wobei 30 Prozent über mehr als 250 Kilometer trieben, bevor sie gestrandet wurden.
Mitglieder der Öffentlichkeit berichteten, über die Website mehr als 27.000 Drifter gefunden zu haben – das sind rund 43 Prozent der Freigelassenen. „Dieses Ergebnis unterstreicht die bedeutende Rolle, die Citizen Science bei der Generierung großer Datenmengen spielen kann“, sagt der leitende Forscher Professor Dr. Jörg-Olaf Wolff.
Eine weitere wichtige Erkenntnis war, dass Müllpartikel an ozeanografischen Fronten über längere Zeiträume gefangen bleiben können. „Das sind Zonen, in denen zum Beispiel Süßwasser aus einem Fluss auf salziges Meerwasser trifft. Dort kann es oft sehr turbulent zugehen“, erklärt Ozeanograph Dr. Jens Meyerjürgens vom Institut für Chemie und Biologie des Meeres (ICBM) der Universität Oldenburg.
Zusammen mit Dr. Marcel Ricker vom Helmholtz-Zentrum Hereon in Geesthacht war er Erstautor der kürzlich veröffentlichten Studie. Die Daten der fortschrittlichen satellitengestützten Drifter zeigten, dass die Geräte oft mehrere Tage oder sogar Wochen lang an diesen Fronten stecken blieben, bis der Wind genug Kraft gewann, um sie zu vertreiben.
Dies führte dazu, dass auf dem Meeresboden unterhalb dieser Fronten mehr Plastikpartikel gefunden wurden als anderswo. Allerdings konnten die Forscher in der Nordsee keine dauerhaften Müllflecken entdecken, wie sie im Pazifik oder im Atlantik existieren.
Die Wissenschaftler untersuchten außerdem verschiedene Strategien zur Reduzierung des Plastikmülleintrags. Der vielversprechendste Schritt wäre laut der Studie, dass Kommunen bei Großveranstaltungen die Verwendung von Einwegplastik wie Plastikbechern und -besteck verbieten würden.
Auch strengere Lagervorschriften in den Häfen wären eine sinnvolle Maßnahme, da der Hafenbetrieb für rund acht Prozent des Plastikmülls in der Nordsee verantwortlich ist. Die Forscher halten auch Kampagnen zur Sensibilisierung für das Problem für wichtig und betonen, dass sich diese Bemühungen auf den Fischereisektor als Hauptverursacher von Meeresmüll konzentrieren sollten.
Insgesamt ist das Team mit den Ergebnissen der Studie zufrieden: „Wir haben viel positives Feedback zu den Holzplatten und Oberflächendriftern erhalten und ein erhöhtes Problembewusstsein in der Bevölkerung beobachtet“, sagt Dr. Thomas Badewien, Wissenschaftler bei das ICBM und einer der leitenden Forscher im Projekt. Das seien positive Entwicklungen, die Hoffnung für die Zukunft geben, fügte er hinzu.
Das interdisziplinäre Projektteam bestand aus Forschern des ICBM und des Instituts für Biologie und Umweltwissenschaften (IBU) der Universität Oldenburg. Zu den wissenschaftlichen Partnern zählte auch das Helmholtz-Zentrum Hereon. Projektleiter war der Oldenburger Ozeanograph Prof. Dr. Jörg-Olaf Wolff.
Mehr Informationen: Jens Meyerjürgens et al., Quellen, Wege und Minderungsstrategien der makroplastischen Verschmutzung: ein interdisziplinärer Ansatz für die südliche Nordsee, Frontiers in Marine Science (2023). DOI: 10.3389/fmars.2023.1148714
Zeitschrifteninformationen:Grenzen in der Meereswissenschaft
Provided by Carl von Ossietzky-Universität Oldenburg
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